Next Gen Interview: »Rechtzeitig und beherzt handeln«

Bei Ihnen stand schon früh im Leben fest: Der Berufsweg soll ins Familienunternehmen führen. Wie kam das?

CA­THA­RI­NA TRIE­REN­BERG-WETZL: Ich bin prak­tisch in der Fa­brik groß ge­wor­den. Un­se­re Fa­mi­lie leb­te da­mals in Ko­lum­bi­en. Über der Fer­ti­gung wa­ren die Bü­ros, über den Bü­ros lag un­se­re Woh­nung. Als Kin­der ha­ben wir in den Aus­schuss­kis­ten ge­spielt und die Ar­bei­ter ha­ben auf uns auf­ge­passt, da­mit nichts pas­siert. Das war mei­ne Welt – und das Un­ter­neh­men war bei uns im­mer ein Ge­sprächs­the­ma. Mir war im­mer klar, dass mich mein Weg ins Un­ter­neh­men füh­ren wird.

Welche Schritte führten Sie in die Nachfolge?

Ich stu­dier­te BWL in Inns­bruck. Dann ar­bei­te­te ich ein Jahr in Me­xi­ko bei ei­nem Kun­den. Der hät­te es am liebs­ten ge­se­hen, wenn ich ge­blie­ben wäre. Aber Va­ter mel­de­te sich und lock­te mit dem Ein­stieg. So be­gann ich zu­nächst als As­sis­ten­tin im Ver­kauf, über­nahm nach knapp zwei Jah­ren die Ver­kaufs­lei­tung, dann folg­te der Schritt in die Ge­schäfts­füh­rung. Mein Va­ter woll­te, dass es schnell geht, er war mit vie­len an­de­ren Ak­ti­vi­tä­ten be­fasst. In sei­nen Au­gen war es an der Zeit, dass ich Tann­pa­pier und da­mit auch die ge­sam­te Tann Grup­pe füh­re. Für mich war der schnel­le Ein­stieg der Sprung ins kal­te Was­ser … aber da­durch habe ich rasch schwim­men ge­lernt!

Konnten Sie dann Ihren eigenen Weg antreten?

Ja, mein Va­ter hat­te sei­nen Teil über Jahr­zehn­te ge­leis­tet, ein be­ein­dru­cken­der Bei­trag. So konn­te er ab­ge­ben und mich ma­chen las­sen. Jetzt war ich an der Rei­he, ich woll­te ei­ni­ges neu auf­stel­len.

Wie sah Ihr Plan für dieses Neue aus?

Es soll­te ein Über­gang wer­den, die Füh­rung war bis dato stark auf den In­ha­ber ori­en­tiert, ich woll­te dem eine brei­te­re Ba­sis ge­ben. Des­halb habe ich die Struk­tur pro­fes­sio­na­li­siert, drei Ge­schäfts­füh­rer ein­ge­setzt, die mir un­ter­stellt sind. Au­ßer­dem stand auch ein Ge­ne­ra­ti­ons­wech­sel in der Li­nie an. Auf der zwei­ten und drit­ten Ebe­ne schie­den Mit­ar­bei­ter aus, die mei­nem Va­ter vie­le Jah­re treu ge­dient hat­ten; mei­ne Auf­ga­be ist es, hier mit mei­nem Team neue Leu­te zu ge­win­nen und auf­zu­bau­en.

Fürwahr ein großer Plan mit großen Veränderungen. Was trieb Sie dabei an?

Ich woll­te nicht die­je­ni­ge sein, von der al­les ab­hängt. Das Un­ter­neh­men soll­te auch ohne mich funk­tio­nie­ren kön­nen. Als Frau habe ich da eine et­was an­de­re Hal­tung, die Fa­mi­lie mit Kin­dern soll auch ei­nen Stel­len­wert be­kom­men kön­nen in mei­nem Le­ben.

Man kann ein Un­ter­neh­men nicht ein­fach um­schal­ten, es war ein lan­ger Weg.

Im Jahr 2012, als Tannpapier sein Fünfzigjähriges feiern konnte, rückten Sie in die Chefposition auf. Wie gestaltete sich die Umsetzung dessen, was Sie sich vorgenommen hatten?

Man kann ein Un­ter­neh­men nicht ein­fach um­schal­ten, es war ein lan­ger Weg. Ich habe Men­schen ge­sucht und ge­fun­den, die Auf­ga­ben in der Füh­rung über­neh­men. Ich habe mit mei­nem Va­ter dis­ku­tiert, ge­run­gen, mit viel Ein­satz im­mer neue An­läu­fe ge­nom­men, ihn von mei­nem Vor­ha­ben zu über­zeu­gen. Auch wenn die Agen­da klar auf der Hand lag, war das nicht leicht, wir wa­ren bei­de ge­for­dert. Zum Glück ha­ben wir eine sehr gute Be­zie­hung, die hält auch man­che Kon­tro­ver­se aus. Wir schaf­fen es im­mer wie­der, bei ei­nem Kon­sens zu lan­den, den bei­de mit­tra­gen kön­nen.

Es ist wich­tig, sei­ne ei­ge­ne Agen­da zu set­zen und die auch durch­zu­set­zen, etwa ge­gen­über dem Über­ge­ber.

Wenn Sie Ihr Wissen von heute nehmen – was würden Sie einem Nachfolger raten, der unter ähnlichen Bedingungen antritt wie Sie?

Die Rol­le als Un­ter­neh­mer bringt die Frei­heit mit sich, stra­te­gi­sche The­men an­zu­ge­hen und ei­ge­ne Schwer­punk­te zu ent­wi­ckeln. Das gilt auch und ge­ra­de für Nach­fol­ger – man soll­te nicht nur das an­ge­hen, was das Ta­ges­ge­schäft oh­ne­hin an Auf­ga­ben auf den Tisch bringt. Es ist wich­tig, sei­ne ei­ge­ne Agen­da zu set­zen und die auch durch­zu­set­zen, etwa ge­gen­über dem Über­ge­ber. Das soll­te man auf kei­nen Fall schlei­fen las­sen, sich nicht mit ei­nem »Das kann ich spä­ter ma­chen« selbst ab­len­ken. Recht­zei­ti­ges und be­herz­tes Han­deln ist wich­tig. Wenn ich die Struk­tur nicht um­ge­stellt hät­te, wäre ich im­mer noch 24 Stun­den pro Tag im Ein­satz und stän­dig auf Rei­sen.

Sie, Ihr Vater Christian Trierenberg und Ihre Schwester Stephanie Trierenberg González haben alle drei ihre Rolle im Unternehmen. Wie formen Sie gemeinsam den familiären Unternehmer-Willen?

Mein Va­ter ist CEO der Hol­ding, die­se be­treibt ne­ben Tann­pa­pier di­ver­si­fi­zier­te Ak­ti­vi­tä­ten au­ßer­halb un­se­res Kern­ge­schäfts, und mei­ne Schwes­ter lei­tet den Be­reich Cor­po­ra­te Iden­ti­ty, Mar­ke­ting und Mes­sen; als Di­plom-De­si­gne­rin hat sie hier ihre Pas­si­on ge­fun­den. Wir be­spre­chen vie­le The­men, die die In­ha­berrol­le be­tref­fen, ge­mein­sam. Auch mei­ne Mut­ter ist ein­be­zo­gen, sie hat eine wich­ti­ge in­for­mel­le Rol­le. Un­ser ge­mein­sa­mes Wir­ken kann auf Zu­ruf zu­stan­de kom­men: »Se­hen wir uns mor­gen zum Abend­es­sen?« Wir dis­ku­tie­ren, wir ge­nie­ßen die ge­mein­sa­me Zeit, wir rin­gen um bes­te Wege. Die­ser Ort in der Fa­mi­lie ist für mich un­ge­heu­er wich­tig, es gibt nicht so vie­le Men­schen, mit de­nen ich mich als Un­ter­neh­me­rin auf die­ser Ebe­ne aus­tau­schen kann. Die Denk­an­stö­ße und Im­pul­se sind von ho­hem Wert.

Klar wird es in Zu­kunft Ver­än­de­run­gen ge­ben. Aber es ist ja un­se­re Auf­ga­be, das Ge­schäft wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.

Das Geschäft Ihrer Kunden in der Zigarettenindustrie ist regulatorischen Einflüssen ausgesetzt, Stichwort Werbeverbote. Wie gehen Sie mit dieser Quelle von Unsicherheit um?

Der Druck ist in den letz­ten Jah­ren stär­ker ge­wor­den. NGOs, die Po­li­tik, alle wol­len hier ih­ren Ein­fl uss aus­üben. Als Un­ter­neh­mer muss man in die­se The­ma­ti­ken ein­tau­chen, wir ha­ben uns recht­zei­tig dar­um ge­küm­mert und un­se­re Stim­me er­ho­ben. Wir ha­ben kei­ne Angst, dass uns das Ge­schäft weg­bricht. Es läuft sehr gut, nicht zu­letzt dank der Märk­te in Asi­en. Klar wird es in Zu­kunft Ver­än­de­run­gen ge­ben. Aber es ist ja un­se­re Auf­ga­be, das Ge­schäft wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.

Und wie entwickelt sich die Nachfolge weiter?

Mein Va­ter ist Un­ter­neh­mer aus dem Bauch her­aus. Er braucht kei­ne hun­dert­pro­zen­ti­ge Klar­heit, wie es wei­ter­geht, es reicht das un­ge­fäh­re Bild. Ich hin­ge­gen wür­de ger­ne pla­nen, wie es wei­ter­geht, über­le­gen, was wir als nächs­te Schrit­te un­ter­neh­men soll­ten. Aus die­sen bei­den Po­len wird ein lau­fen­der Pro­zess bei uns, der im­mer bes­ser wird. Es ist Learning along the Way.

Das In­ter­view wurde geführt für den Un­ter­neh­mer­Brief 02/​2016.

Tann Group

Das Un­te­neh­men Tann Grup­pe mit Sitz in Traun/​Ober­t­ös­ter­reich ist Welt­markt­füh­rer für das Be­dru­cken von Tip­ping Pa­pie­ren (Pa­pie­re für Zi­ga­ret­ten­fil­ter; Anm. d. Red.). Es wur­de im jahr 1962 ge­grün­det und er­wirt­schaf­tet heu­te ei­nen Um­satz von 252 Mio. EUR mit 1.200 Mit­ar­bei­tern. Un­se­re Ge­sprächs­part­ne­rin Catath­ri­na Trie­ren­berg-Wetzl führt Tann­pa­pier als Mit­glied der 3. Ge­ne­ra­ti­on.

NextGen: Catharina Trierenberg-Wetzl, 35 Jahre, 3. Generation
Unternehmen: Tann Gruppe, 252 Mio EUR Umsatz, 1.200 Mitarbeiter
Position: Vorsitzende der Geschäftsführung von Tannpapier
Story: Der schnelle Einstieg in die Geschäftsführung war ein Sprung ins kalte Wasser.