Die neue Art der Führung

Eines zeichnet Familienunternehmen seit eh und je aus: Der Faktor Mensch war und ist von immenser Bedeutung. Führung ist persönlicher, die emotionalen Bindungen zwischen Mitarbeitern und zu Kunden sind tiefer und langfristig stabiler als in großen Konzernen. Bisher sind es diese Beziehungsstärken, die mittelständische Unternehmen nachhaltig erfolgreich machen. von Pa­trick D. Cow­den In Zei­ten des … Weiterlesen

Eines zeichnet Familienunternehmen seit eh und je aus: Der Faktor Mensch war und ist von immenser Bedeutung. Führung ist persönlicher, die emotionalen Bindungen zwischen Mitarbeitern und zu Kunden sind tiefer und langfristig stabiler als in großen Konzernen. Bisher sind es diese Beziehungsstärken, die mittelständische Unternehmen nachhaltig erfolgreich machen.

von Pa­trick D. Cow­den

In Zei­ten des di­gi­ta­len Wan­dels wird vie­les, was sich be­währt hat, in­fra­ge und auf den Kopf ge­stellt. Im­mer schnel­ler ent­wi­ckeln sich Tech­no­lo­gi­en und rei­ßen gan­ze Märk­te mit sich. Der Drang zur Mo­der­ni­sie­rung wächst, er­greift je­des Un­ter­neh­men. Wer sich nicht schnell ge­nug ver­än­dert, so scheint es, ge­rät un­wei­ger­lich un­ter die Rä­der des Wett­be­werbs.

Was bei al­ler Di­gi­ta­li­sie­rung oft ins Hin­ter­tref­fen ge­rät, ist der bis­he­ri­ge Er­folgs­fak­tor Mensch. Das sind die er­fah­re­nen Mit­ar­bei­ter, die schein­bar so we­nig in die neue di­gi­ta­le Welt pas­sen.

Kein Wun­der, dass Un­ter­neh­men den Fo­kus vor al­lem auf die In-te­gra­ti­on neu­er di­gi­ta­ler Tech­no­lo­gi­en rich­ten, aber auch auf die Ver­än­de­rung von Pro­zes­sen und Struk­tu­ren, die agi­ler und fle­xi­bler sein sol­len, um den per­ma-nen­ten Wan­del im ei­ge­nen Un­ter­neh­men ab­zu­bil­den und an­zu­trei­ben. Was da­bei oft ins Hin­ter­tref­fen ge­rät, ist der bis­he­ri­ge Er­folgs­fak­tor Mensch. Da sind die er­fah­re­nen Mit­ar­bei­ter, die schein­bar so we­nig in die neue di­gi­ta­le Welt pas­sen. Da sind die Kun­den, die on­line kos­ten­spa­ren­der er­reicht wer­den sol­len. Da sind die Lie­fe­ran­ten und Busi­ness-Part­ner, die statt bei per­sön­li­chen Tref­fen per neu­er di­gi­ta­ler Platt­form ef­fi­zi­en­ter ein­ge­bun­den wer­den kön­nen.

Der Weg zu­rück in eine ein­zig­ar­ti­ge Qua­li­tät

Was da­bei aus dem Blick ge­rät und was wir doch ei­gent­lich wis­sen, wenn wir der lei­sen Stim­me tief in uns selbst mehr Ge­hör schen­ken wür­den: Ob ein Un­ter­neh­men die ak­tu­el­len und zu­künf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen be­steht, wird vor al­lem eine Fra­ge der Zu­sam­men­ar­beit sein. Ge­nau­er ge­sagt: der Qua­li­tät der Zu­sam­men­ar­beit.

Ob die Per­for­mance ei­nes Un­ter­neh­men bes­ser wird, die In­no­va­ti­ons­kraft steigt, Pro­zes­se ef­fi­zi­en­ter wer­den, eine Um­struk­tu­rie­rung ge­lingt, die Ak­qui­si­ti­on ei­nes Un­ter­neh­mens Syn­er­gi­en frei­setzt oder eine neue Tech­no­lo­gie er­folg­reich im­ple­men­tiert wird – all das hängt wie je­des an­de­re un­ter­neh­me­ri­sche Groß­the­ma al­lein da­von ab, wie gut die Men­schen in­ner- und au­ßer­halb ei­nes Un­ter­neh­mens mit- und für­ein­an­der ar­bei­ten und zu­sam­men­wir­ken.

Kei­ne neue Tech­no­lo­gie wird die in sie ge­setz­ten Er­war­tun­gen er­fül­len, wenn Men­schen nicht be­reit sind, ge­mein­sam dar­aus das Bes­te zu ma­chen. Kei­ne Um­struk­tu­rie­rung führt je zum Ziel, wenn die Be­tei­lig­ten über alle Hier­ar­chie­ebe­nen hin­weg nicht ge­mein­sam ein glei­ches Zu­kunfts­bild tei­len und mit Be­geis­te­rung an ei­nem Strang zie­hen. Kein ex­ter­ner Be­ra­ter und Ex­per­te kann dies leis­ten. Es sind die ei­ge­nen Mit­ar­bei­ter, Kol­le­gen, Kun­den, Lie­fe­ran­ten, die wis­sen, was ein Un­ter­neh­men tun muss, um all das meis­tern zu kön­nen.

Ob ein Un­ter­neh­men die ak­tu­el­len und zu­künf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen be­steht, wird vor al­lem eine Fra­ge der Zu­sam­men­ar­beit sein. Ge­nau­er ge­sagt: der Qua­li­tät der Zu­sam­men­ar­beit.

Das her­vor­ra­gen­de mensch­li­che Mit­ein­an­der ist bei vie­len Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men qua­si in der DNA an­ge­legt. Las­sen wir es nicht zu, dass die ver­meint­li­che Kom­ple­xi­tät der an­ste­hen­den Her­aus­for­de­run­gen uns in die Irre führt. Be­sin­nen wir uns auf die Stär­ken der Ver­gan­gen­heit und ver­bin­den sie mit den Mög­lich­kei­ten der Zu­kunft im Hier und Jetzt.

Der Fak­tor Mensch wird nicht an Be­deu­tung ver­lie­ren. Im Ge­gen­teil. Wenn wir auf­grund der Di­gi­ta­li­sie­rung we­ni­ger di­rek­te Kon­tak­te etwa mit Kun­den oder Kol­le­gen an­de­rer Stand­or­te ha­ben, wird die Qua­li­tät die­ser per­sön­li­chen Be­geg­nun­gen umso re­le­van­ter. Da­für aber braucht es vor al­lem ei­nes: ein so­zia­les Be­triebs­sys­tem, wel­ches das kol­lek­ti­ve Po­ten­zi­al der mensch­li­chen Zu­sam­men­ar­beit auf eine nie zu­vor ge­kann­te Art und Wei­se ak­ti­viert.

Lea­dership neu den­ken

Wie Mat­thi­as Möl­le­ney und Prof. Dr. Sy­bil­le Sachs vom In­sti­tut für stra­te­gi­sches Ma­nage­ment an der HWZ Hoch­schu­le für Wirt-schaft in Zü­rich in ih­rem neu­en Buch „Bey­ond Lea­dership“ dar-le­gen, gibt es Mög­lich­kei­ten, die Zu­sam­men­ar­beit von Men­schen auf ein neu­es, hö­he­res Ni­veau zu he­ben. Sie prä­sen­tie­ren ei­nen An­satz, der lang­jäh­ri­ge Er­fah­run­gen im Team­buil­ding mit neu­es­ten wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­sen zu Lea­der- und Fol­lo­wership ver­bin­det. Im Fo­kus ste­hen da­bei Wer­te wie Re­spekt, Wert­schät-zung und Ver­trau­en. Fun­da­men­ta­le mensch­li­che Ei­gen­schaf­ten, mit de­ren Hil­fe wir un­se­re Vor­stel­lung von Füh­rung neu den­ken: als kol­la­bo­ra­ti­ve, be­zie­hungs­in­ten­si­ve Füh­rungs­kul­tur jen­seits klas­si­scher Hier­ar­chi­en.

So­bald die­se Art von Füh­rungs­kul­tur zur neu­en Nor­ma­li­tät wird, wer­den alle Be­tei­lig­ten ge­mein­sam in­no­va­ti­ver, en­ga­gier­ter, mo­ti­vier­ter, be­geis­ter­ter, of­fe­ner und lern­fä­hi­ger als je zu­vor. In klei­nen Teams wie in gan­zen Or­ga­ni­sa­tio­nen, von der Füh­rung bis zu den Mit­ar­bei­tern, ge­gen­über Kun­den, Lie­fe­ran­ten und Part­nern.

Ins­be­son­de­re in kri­ti­schen Si­tua­tio­nen zahlt sich die­se Art von Lea­dership aus, wie das Bei­spiel ei­ner mit­tel­stän­di­schen Wirt­schafts­prü­fungs- und Treu­hand­fir­ma aus Zü­rich zeigt, die zu­vor eine klei­ne­re Fir­ma über­nom­men hat­te. Die­se Über­nah­me war so gut wie ge­schei­tert, weil es nicht ge­lun­gen war, die bei­den sehr un­ter­schied­li­chen Un­ter­neh­mens­kul­tu­ren kon­struk­tiv mit­ein­an­der zu ver­bin­den. Auf der ei­nen Sei­te gab es eine sehr hohe Pro­zess- und Re­ge­l­ori­en­tie­rung mit ent­spre­chen­den Stan­dards und auf der an­de­ren Sei­te eine sehr fle­xi­ble, kun­den­ori­en­tier­te Dienst­leis­tungs­aus­rich­tung. Erst durch An­wen­dung ei­nes kom­plett an­de­ren Lea­dership-An­sat­zes, des Bey­ond-An­sat­zes, öff­ne­ten sich die bei­den Be­leg­schaf­ten und ihre Füh­rungs­kräf­te für­ein­an­der, sie ent­deck-ten ihre Ge­mein­sam­kei­ten, ak­zep­tier­ten Un­ter­schie­de und fan­den so den Weg, zu­künf­tig kon­struk­tiv mit­ein­an­der an ge­mein­sa­men Zie­len zu ar­bei­ten. Für den Ge­schäfts­füh­rer ist klar: „Ohne den neu­en Bey­ond-An­satz wäre die Fu­si­on ge­schei­tert. Erst jetzt ist bei al­len die Mo­ti­va­ti­on und die Be­reit­schaft da, sich ge­mein­sam wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.“

Es ist wie bei so vie­len Fra­gen des Le­bens: Am Ende liegt es an uns selbst, wie weit wir ge­hen und wie viel Mut wir auf­brin­gen. Si­cher, die Welt wird di­gi­ta­ler und kom­ple­xer. Doch ge­ra­de des­halb ist die ein­zig­ar­ti­ge mensch­li­che Fä­hig­keit, ge­mein­sam er­folg­reich zu sein, mehr denn je ge­fragt. Die neue Qua­li­tät in der Zu­sam­men­ar­beit er­rei­chen wir aber nur, wenn wir die bis­he­ri­ge Füh­rungs­kul­tur hin­ter uns las­sen und ei­nen neu­en, kon­se­quent ko­ope­ra­ti­ven An­satz ent­wi­ckeln. Das eine geht nicht ohne das an­de­re.

Sind wir be­reit, ei­ge­ne Gren­zen zu über­win­den, um eine neue Nor-ma­li­tät in Füh­rungs­fra­gen zu ent­wi­ckeln? Oder an­ders ge­fragt: Was sind uns die zu­künf­ti­gen Er­fol­ge der ei­ge­nen Or­ga­ni­sa­ti­on wert?

Mehr über die neue Art zu füh­ren er­fah­ren Sie im ge­ra­de beim SKV-Ver­lag er­schie­ne­nen Buch „Bey­ond Lea­dership“ von Mat­thi­as Möl­le­ney und Prof. Dr. Sy­bil­le Sachs oder beim IN­TES-Se­mi­nar „Füh­rung neu den­ken“ am 18. Au­gust 2020 in Ham­burg.

Der Text ist erschienen im INTES – Un­ter­neh­mer­Brief Ausgabe 03/2019.

Pa­trick D. Cow­den war über 30 Jah­re im Top-Ma­nage­ment von in­ter­na­tio­na­len Un­ter­neh­men wie Dell, Hit­a­chi oder Cap Ge­mi­ni. 2010 grün­de­te er die Bey­ond Com­pa­ny. Er und sei­ne Kol­le­gen be­glei­ten Un­ter­neh­men in die Or­ga­ni­sa­ti­ons­kul­tur der Zu­kunft nach dem Mot­to Bet­ter. To­ge­ther.

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